Integrierte hydrogeologische und geochemische Prozesse in quellenden Ton-Sulfat-Gesteinen

  • Ansprechpartner:

    Dr. Christoph Butscher (AGW) 

  • Projektgruppe:

    Dr. Christoph Butscher, Prof. Dr. Philipp Blum, Dipl.-Ing. Thomas Mutschler, M.Sc. Daniel Schweizer

  • Förderung:

    DFG, Förder-Kz: BU 2993/2-1

  • Partner:

    Dr. Henning Prommer, CSIRO Land and Water, Perth 

  • Starttermin:

    01.09.2014 

  • Endtermin:

    31.08.2017 

Zusammenfassung

Das Quellen von Ton-Sulfat-Gestein verursacht häufig große Probleme beim Straßen- und Tunnelbau in diesen Gesteinen. Zuletzt ist das Quellproblem auch in anderem Zusammenhang aufgetreten: Geothermiebohrungen in Ton-Sulfat-Gestein lösten Bodenhebungen und dramatische Schäden an über 250 Häusern in der Stadt Staufen aus. Die dabei stattfindenden Prozesse sind komplex und noch ungenügend verstanden. Insbesondere die hydraulischen und geochemischen Prozesse in quellenden Zonen, und ihre Änderung bei baulichen Eingriffen, sind größtenteils unbekannt.

 Die Hauptursache des Quellens ist die Umwandlung von Anhydrit in Gips bei Wasserzutritt, verbunden mit einer Volumenzunahme von bis zu 60%. Diese Umwandlung findet indirekt statt: Zuerst löst sich der Anhydrit; dabei ändert sich die Sulfatkonzentration im Porenwasser; das gelöste Sulfat kann mit dem Grundwasser transportiert werden; zuletzt fällt Gips aus. Diese Prozessabfolge spricht dafür, dass der Grundwasserfluss und die Geochemie des Porenwassers eine Schlüsselrolle für das Verständnis der Quellprozesse spielen. Wir gehen davon aus, dass eine Änderung der hydraulischen Bedingungen zu geochemischen Änderungen führt, die das Gesteinsquellen auslösen. Deshalb ist das Hauptziel des Projekts die quantitative Beschreibung des Grundwasserflusses und der geochemischen Reaktionen in einer Quellzone, die durch menschliche Eingriffe beeinflusst ist. Außerdem werden in der Studie Reaktionsraten der Anhydritlösung und Gipsfällung im Feldmaßstab ermittelt, die sich von Reaktionsraten, die aus Laborversuchen bekannt sind, unterscheiden können.

Um die Projektziele zu erreichen, untersucht das von der DFG geförderte Vorhaben die Rolle des geologisch-strukturellen Rahmens, die hydrogeologischen und geochemischen Bedingungen in Quellzonen und ihre Änderung durch bauliche Eingriffe (Bohrungen) sowie die Reaktionskinetik im System Anhydrit-Gips-Wasser unter Feldbedingungen. Das Arbeitsprogramm beinhaltet 3D geologische Modellierung, reaktive Transportmodellierung und die Validierung der Modelle, wobei ein Schwerpunkt auf der reaktiven Transportmodellierung liegt.

Im ersten Teil des Projektes wurde anhand mehrerer 3D geologischer Modelle eine Unsicherheitsanalyse der geologischen Strukturen im Untersuchungsgebiet Staufen durchgeführt. 3D geologische Modelle finden immer häufiger Anwendung in der Wissenschaft, bei ingenieurtechnischen Anwendungen und bei Entscheidungsprozessen. Auch für eine prozessbasierte, hydraulisch und geochemisch gekoppelte Modellierung können geologische 3D Modelle die geometrisch-strukturelle Basis für ein besseres Verständnis der zugrundeliegenden Prozesse und geologischen Rahmenbedingungen bieten. Die Aussagekraft und Güte eines jeden 3D geologischen Modells ist jedoch maßgeblich von der Art der zur Verfügung stehenden, geologischen Daten, ihrer Interpretation und den damit verbunden Unsicherheiten abhängig. Durch eine sukzessive Integration und Berücksichtigung der für das Untersuchungsgebiet Staufen vorhanden geologischen Informationen wurde überprüft welchen Einfluss verschiedene Arten von Informationen auf die Unsicherheiten und Geometrie eines Modells haben, und  wie sie das geologische Verständnis im Allgemeinen beeinflussen können. Zur Quantifizierung und Visualisierung der Unsicherheiten innerhalb eines geologischen 3D Modells und der, im Verlauf der Datenintegration, weiteren erstellen Modelle, wurde das Konzept der Informationsentropy angewendet. Darüber hinaus wurden mit den „Jaccard“ und „City-Block Distanz“ zwei Distanzmaße angewendet, mit denen sich auch Veränderungen in der Modelgeometrie quantifizieren lassen. Insgesamt konnte gezeigt werden, dass sowohl Informationsentropy als auch die Distanzmaße maßgeblich zur Optimierung und der Einschätzung von 3D geologischen Modellen beitragen können.

 

 

Im zweiten Teil des Projektes wird ein numerisches, reaktives Transportmodell für den Untersuchungsstandort Staufen (SW-Deutschland) entwickelt, um den Einfluss von Grundwasserfluss und geochemischen Reaktionen in der Quellzone untersuchen und quantifizieren zu können. Beide Prozesse können unter Zuhilfename eines „Dual-Domain“-Ansatz getrennt betrachtet werden. Dabei wird der advektive Stofftransport entlang bevorzugter Fließwege über eine „mobile“ Domäne, und die geschwindigkeitslimitierte Transformation von Anhydrite zu Gips über eine durch Diffusion dominierte, „immobile“ Domäne abgebildet. Geodätische Höhenmessungen an der Geländeoberfläche sowie vertikale Temperaturdaten, die die exotherme Umwandlungsreaktion charakterisieren, dienen der Kalibrierung des Modells. Diese Datensätze werden mit der durch das Modell vorhergesagten Zunahme des Gesteinsvolumens und der Wärmeentwicklung durch die exotherme Reaktion in der Quellzone verglichen. Im weiteren Verlauf des Projekts soll der entwickelte Ansatz auf repräsenative Querschnitte der, im ersten Teil des Projektes, erstellten 3D geologischen Modelle angewandt werden. Die damit validierten Modelle repräsentieren zum einen die geologischen, hydraulischen und geochemischen Bedingungen, die zum Quellen führen. Zum anderen quantifizieren sie die Reaktionskinetik, mit der die Entwicklung von Anhydritlösung und Gipsfällung in Ton-Sulfat-Gesteinen während des Quellens unter Feldbedingungen beschrieben werden kann. Die zu erwartenden Ergebnisse werden dadurch zu einem verbesserten Verständnis der hydrogeologischen und geochemischen Prozesse beim Quellen von Ton-Sulfat-Gesteinen führen.

 

 

Referenz: Schweizer, D., Blum, P., and Butscher, C.: Uncertainty assessment in 3-D geological models of increasing complexity, Solid Earth, 8, 515-530, doi:10.5194/se-8-515-2017, 2017.

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